KulturGutRetter – Kulturelles Erbe notversorgen
Erdbeben, Überschwemmungen, Sturzfluten: Im Katastrophenfall bergen THW-Einsatzkräfte Menschen, Tiere und Sachwerte. Um künftig auch Sachwerte von hohem, kulturellen und häufig auch ideellem, Wert notversorgen zu können, wird in Rahmen des Projekts "KulturGutRetter" eine neue Einsatzeinheit aufgebaut.
Seit 2021 beteiligt sich das THW im Projekt KulturGutRetter (KGR), welches unter der Leitung des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) und finanziert vom Auswärtigen Amt, umgesetzt wird. Neben dem DAI ist das LEIZA (Leibniz-Zentrum für Archäologie) ein weiterer Partner im Bereich der Kulturgutexpertise. Gemeinsam verfolgen die Institutionen ein Ziel: Den Aufbau einer neuen Auslandseinsatzeinheit - "CHRU" (Cultural Heritage Response Unit) - um kulturelles Erbe im Katastrophenfall notversorgen und erhalten zu können.
Das THW steuert hierbei sein Fachwissen im technisch-logistischen Bereich und seine Erfahrungen im internationalen Katastrophenschutz bei. Künftig wird es die entsendende Organisation der CHRU-Einsatzeinheit sein. Zusammen mit Fachpersonal für Kulturgüter des DAI und des LEIZA arbeiten haupt- und ehrenamtliche Einsatzkräfte daran, die Kompetenzen der Partnerorganisationen zusammenzubringen und so schnelle Hilfe für die Notversorgung, die Sicherung und die Bergung von immobilem Kulturgut (wie Denkmäler oder Gebäude) und mobilem Kulturgut (etwa Objekte aus Sammlungen) gewährleisten zu können.
Cultural Heritage Response Unit – Fähigkeiten & Aufbau
Ein Team aus rund 40 Personen stellt die zukünftige Einsatzeinheit. Je nach Einsatzszenario und Schadenslage wird die personelle und materielle Zusammenstellung der CHRU bedarfsorientiert angepasst. Das Team wird aus THW-Einsatzkräften und aus Kulturgutfachpersonal aus verschiedenen Institutionen bestehen. Die Führung des Teams übernehmen Einsatzkräfte des THW. Eine integrierte Support Unit wird das autarke Arbeiten der beiden Facheinheiten für mobiles Kulturgut (MCA – Movable Cultural Assets) und für immobiles Kulturgut (ICA – Immovable Cultural Assets) sicherstellen. Auf speziell entwickelte CHRU-Einsatzfunktionen können sich THW-Auslandseinsatzkräfte bewerben.
Für die Facheinheit MCA hat das THW gemeinsam mit den Partnern ein modulares Ausstattungssystem entwickelt, das flexibel einsetzbar und auch per Flugzeug leicht zu transportieren ist. Dank dieser Ausstattung können die Einsatzkräfte die Erstversorgung von beweglichem Kulturgut sicherstellen. Dabei dokumentieren sie zunächst die geborgenen Gegenstände, reinigen sie dann mit speziellen Methoden und verpacken sie sicher.
Die zweite Facheinheit ICA kann nach Katastrophen Notmaßnahmen an unbeweglichen Kulturgütern, wie etwa an Gebäuden oder größeren Denkmälern durchführen. Die Expertinnen und Experten der Facheinheit können die beschädigten Objekte digital vermessen, Schäden kartieren und mobile Kulturgüter bergen.
Eine im Hintergrund stehende eigens entwickelte IT-Infrastruktur ermöglicht das autarke Verarbeiten von Informationen über die Kulturgüter, die die Helferinnen und Helfer, sowie Kulturgutfachkräfte im Einsatz sammeln. Nach Einsatzende können diese direkt an die betroffenen Länder/Institutionen übergeben werden können.
Meilensteine – 2021 bis 2023
Anhaltende Krisen und die Vielzahl der Katastrophen mit hohem Schadensausmaß zeigen den weltweiten Bedarf an einer Einheit, die Kulturgüter versorgen kann. Einem internationalen Hilfsersuchen der Ukraine über den EU-Katastrophenschutzmechanismus (UCPM) folgend, lieferten die KulturGutRetter gemeinsam mit dem DAI und THW und anderen deutschen Partnern im Jahr 2022/2023 rund 76,6 Tonnen Hilfsmaterial für den Kulturgutschutz in die Ukraine. THW-Einsatzkräfte unterstützten dabei, Verpackungsmaterial, Archivkartons, Feuerlöscher und Sandsäcke bis zur ukrainischen Grenze zu liefern, welches Partnerorganisationen von dort aus an Museen, Archive und weitere Institutionen verteilten.
In 2022 erarbeitete das Projektteam die konzeptionellen Grundlagen der Einsatzeinheit. Bestandteil dessen ist ein Ausbildungskonzept sowie Maßnahmen und Abläufe für die Qualitätssicherung der Kulturgutversorgung. Die spezielle, modulare Ausstattung wurde vom gesamten Projektteam in einem Ausstattungskonzept definiert und dann in Federführung durch den Projektpartner LEIZA entwickelt.
Trainings und Übungen stellen die Basis jedes erfolgreichen Einsatzes dar. Entsprechend begann 2023 die praktische Phase. Neben der Vorbereitung von E-Learning-Einheiten fand eine erste übergreifende Erprobung der beiden Facheinheiten MCA und ICA statt. Insgesamt 57 Teilnehmende der Partner, davon 23 THW-Einsatzkräfte, kamen drei Tage lang mit den Kulturgutfachkräften des DAI und LEIZA zusammen, um das gesamte Material zum ersten Mal aufzubauen und auszuprobieren. In einem fiktiven Szenario erprobten die Teilnehmenden die Bergung, Schadenserfassung, Dokumentation und Notversorgung von immobilem und mobilem Kulturgut.
Ausblick – Einsatzbereitschaft der CHRU
Für 2024 plant das Projektteam eine vollumfängliche Übung mit THW-Einsatzkräften und Fachkräften aus dem Kulturgutschutz. Hiermit wird auf die Einsatzbereitschaft der CHRU hingearbeitet.
Perspektivisch soll die Einsatzeinheit in die Strukturen des Europäischen Katastrophenschutzmechanismus eingebunden werden, um darüber in Auslandseinsätze entsendet werden zu können.
KulturGutRetter – Kulturelles Erbe notversorgen
Hinweis
Alle vom THW zur Verfügung gestellten Bilder sind honorarfrei und dürfen unter Angabe der Quelle "THW" für Berichterstattung über das THW und das Thema Bevölkerungsschutz verwendet werden. Alle Rechte am Bild liegen beim THW. Anders gekennzeichnete Bilder fallen nicht unter diese Regelung.